Ausdauertraining – Je länger desto besser?

Praxis

Wer schon ein- oder mehrmals ein Training von 200Km absolviert hat, kennt das Gefühl bestimmt. Als ob man eine Art "Schallmauer" durchbrochen hat. Die Kommentare und Kudos auf STRAVA fliegen einem nur so entgegen, vor allem wenn noch einige tausend Höhenmeter bezwungen wurden. Auch die Fitnesskurve auf der Trainings-App ähnelt einem Höhenprofil einer Bergankunft. Zweifellos darfst du dir nach einer solchen Tour auf die Schultern klopfen. Aber wie gross ist der Trainingseffekt wirklich?

 

Theorie

Klar ist, dass bei einem solchen Training die "Ausdauer" trainiert werden soll. Bloss ist dieser Begriff nicht ganz einfach zu definieren. Denn bereits ab einer Belastungsdauer von 2 Minuten spricht man in der Sportwissenschaft von "Ausdauer". Der Grossteil der Sportler:innen verstehen aber unter "Ausdauer" etwas anderes. Nämlich über mehrere Stunden mit einer konstanten Leistung fahren zu können. Dies ist nur möglich, wenn ein grosser Teil der Energie aus Fett gewonnen wird. Ergo soll die Fettverbrennung trainiert werden. Der Körper verbrennt aber immer auch Kohlenhydrate, gespeichert als Glykogen. Im Gegensatz zu den Fettreserven sind die Glykogenspeicher aber um ein vielfaches kleiner, nämlich nur etwa 500g.

Je nach Nahrungsaufnahme und Intensität ist der Glykogenspeicher (der vermutlich vor dem Training nicht voll war) nach 3 bis 6 Stunden leer. Bereits bevor der Tank leer ist, drosselt der Körper die Leistung.

Weitere Faktoren tragen zur Ermüdung bei:

  • Das Blutvolumen sinkt leicht durch den Wasserverlust
  • Die Vibration der Strasse machen die Muskeln müde
  • Die Aufmerksamkeit die der Strassenverkehr erfordert macht müde
  • Der Magen hat an dem vielen Essen nicht mehr so Freude wie am Anfang
  • Der Elektrolytehaushalt ist gestört
  • Hände, Füsse, Gesäss, Nacken und Rücken fangen an weh zu tun.

Oft fällt nun die Leistung in einen Bereich, den man an einem normalen Tag als "aktive Erholung" bezeichnen würde. Der Trainingseffekt für jede weitere Stunde ist marginal klein. Schlimmer noch! Fährt man sich so müde, dass man in der Folge 2 oder sogar 3 Ruhetage braucht, hat man seiner Form keinen Gefallen getan. Viel besser wäre es, anstatt 8h zu trainieren, 2x 4 Stunden zu fahren.

 

Unser Tipp

Eine 200Km Tour zu fahren wie jene oben im Bild, ist zweifellos ein schönes Erlebnis UND ein erstrebenswertes Ziel. Denn alle Radsporter:innen sollten einmal eine solche Erfahrung machen, wie der Körper reagiert, wenn man ihn an seine Grenzen bringt. Du solltest dir aber bewusst sein, dass der Trainingseffekt mit jeder zusätzlichen Stunde immer mehr sinkt und du im schlimmsten Fall deiner Fitness mehr schadest. Wenn dein Ziel z.B. das Alpenbrevet Platin ist, macht es natürlich Sinn, in der Vorbereitung eine sehr lange Tour zu machen, damit der Kopf weiss, "ich kann das". Aber mache das nicht jeden Monat oder sogar jede Woche und wenn, dann achte darauf ca. 70 bis 90g Kohlenhydrate pro Stunde zu essen!

 

Faustregel 

Brauchst du nach einem Training mehr als 1 Ruhetag, war es tendenziell zu lange. Brauchst du mehr als 2 Ruhetage war es viel zu lange!

Trainiere selten mehr als 4 Stunden am Stück.

 

Hast du eine Frage zu diesem Artikel? Dann schreib uns unbedingt!

Hinweis: Bitte die mit * gekennzeichneten Felder ausfüllen.